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Barrierefreiheit im Museum

Anders als vielleicht zu Schulzeiten macht ein Museumsbesuch im Erwachsenen-Alter vielen Menschen Spaß. Moderne Technik lädt immer häufiger auch zu interaktiven Ausstellungen ein. Hier bieten sich Möglichkeiten, aber auch Anforderungen zur Barrierefreiheit im Museum. Was sollte bedacht werden, wenn eine Ausstellung auch für blinde und sehbehinderte Menschen gut zugänglich sein soll?

Dieses Foto zeigt einen haptischen Lageplan, der zur Verbesserung von Barrierefreiheit im Museum dient. Kontrastreich und erhaben ist Ausstellungsbereich abgegrenzt von einer Legende, die darunter steht. Weiße erhabene Schrift und Blindenschrift geben eine Übersicht über die wichtigsten Stationen der Ausstellung, Foto: Tomke Koop / HörMal Audiodeskription.
Ein haptischer Lageplan zu Beginn einer Ausstellung kann gut für eine grundlegende Orientierung sein. Um mit beiden Händen tasten zu können, ist eine Stockhalterung sinnvoll, Foto: Tomke Koop / HörMal Audiodeskription.

Orientierung in einer Ausstellung

Stellen Sie grundlegend sicher, dass die verschiedenen Ausstellungsräume auch für Menschen mit Seh- oder Geh-Behinderung gut erreichbar sind.

  • Zur besseren Orientierung im Raum gibt es verschiedene Möglichkeiten, z. B. Tastmodelle am Beginn der Ausstellung oder am Beginn eines jeden Raumes, akustische Signale, die den Weg zu einem Ausstellungsobjekt erklären, App-Lösungen, die eine Raumorientierung ermöglichen (bspw. durch Vibrationen oder Töne). Sinnvoll ist, dass bei der Konzeption einer Ausstellung ausreichend Platz zum Laufen eingeplant wird. Das kann für Menschen im Rollstuhl sinnvoll sein. Außerdem können blinde und sehbehinderte Menschen sich mit Langstock und der üblichen Pendeltechnik insofern orientieren, als sie keine Objekte berühren.
  • Bei Leitlinien muss beachtet werden, dass diese zwar eine Orientierung für eine Richtung bieten, allerdings ist aus ihnen nicht zwingend ersichtlich, wohin sie führen. Es muss sichergestellt sein, dass blinde und sehbehinderte Gäste darüber informiert werden. Eine Möglichkeit ist, dass man sich anhand einer Leitlinie im Uhrzeigersinn durch eine Ausstellung bewegt und durch daran angebrachte „Aufmerksamkeitsfelder“ ersichtlich macht, dass man sich in der Nähe eines Ausstellungsobjekts befindet. Weiterhin wichtig ist, dass Leitlinien sich kontrastreich vom Untergrund abheben.
  • Enthalten die Ausstellungsräume Stufen, dann sollten die Stufenkanten optisch markiert sein. Auch hier ist ein guter Kontrast zur Stufe wichtig. So kann eine Kantenmarkierung sehbehinderten Menschen bei der Orientierung helfen.
  • Blindenführhunde sollten mitgenommen werden können (ein Wassernapf für die Tiere ist sehr einladend). Mit ihrer Hilfe können blinde Menschen sich frei in der Ausstellung bewegen. Es muss aber bedacht werden, dass trotzdem signalisiert wird (beispielsweise durch akustische Signale, durch Volunteers oder blindenspezifische Führungen), wo sich Exponate befinden.
Barrierefreiheit im Museum: Das Foto zeigt Hände auf einer weißen Bärenfigur. Die Figur ist ein Tastmodell im Landesmuseum Württemberg. Bild: Tomke Koop / HörMal Audiodeskription
Ein Teil zur Barrierefreiheit im Museum: Tastmodelle bieten eine willkommene Abwechslung zu klassischen Audioguides und können auch Menschen ohne Sehbehinderung einen neuen Zugang zu Ausstellungsobjekten ermöglichen, Foto: Tomke Koop / HörMal Audiodeskription.

Audiodeskription und Tast-Exponate

  • Über einen Audioguide, Apps oder eine Website können Exponat-Beschreibungen zum Hören präsentiert werden. Auch QR-Codes bieten hier angewendet werden. Sie sollten erhaben, also fühlbar, sein, damit sehbehinderte oder blinde Gäste sie selbstständig scannen können. Die Exponat-Beschreibungen sollten bestenfalls nicht nur hintergründige, sondern auch konkret bild-beschreibende Textpassagen (Audiodeskription) enthalten, um eine bessere Vorstellung der Ausstellung zu ermöglichen.
  • Tastbare Exponate bieten eine willkommene Abwechslung zu Audio-Angeboten. Sind keine Originale zum Tasten verfügbar, können Repliken oder Abstraktionen verwendet werden. Bei zweidimensionalen Objekten können Konturen durch erhabene Linien oder unterschiedliche Oberflächen-Markierungen fühlbar gemacht werden. Eine Stockaufhängung ermöglicht blinden und sehbehinderten Menschen die nötige „Fingerfreiheit“, die es zum Ertasten braucht.
  • Erfahrungsgemäß können auch Führungen für blinde und sehbehinderte Menschen, die zu vereinbarten Uhrzeiten angeboten werden, sinnvoll sein. Eine Richtlinie könnte bei Dauer-Ausstellungen sein, diese Führungen etwa ein- bis zweimal im Monat anzubieten, offensiv zu bewerben und mit verbindlichen Reservierungen zu arbeiten. Ein Ziel wäre, sich für diese Führungen etwas mehr Zeit zu nehmen, um auf die Fragen, der aus Erfahrung meist sehr interessierten Gäste eingehen zu können. Im Zeitraum der Führung ist es sinnvoll, bei engeren Ausstellungsflächen etwas weniger Lauf-Publikum zuzulassen, damit genügend Platz und Raum für die spezifische Gruppenführung ist.

Dieser Artikel wird mit aktuellen Erkenntnissen aus unserer Arbeit regelmäßig erweitert. Leider gibt es nicht den einen Leitfaden zur Barrierefreiheit im Museum, der auf alle Ausstellungen passt. Oft müssen individuelle, manchmal auch kreative Lösungen gefunden werden. Wir erarbeiten Ausstellungs-Konzeptionen immer unter Einbezug von Menschen, die selbst eine Sehbehinderung haben oder blind sind und Erfahrung in der Gestaltung von Ausstellungen haben. Somit können wir deren Bedürfnisse und Anforderungen am besten nachvollziehen und einbringen.

fei/hma