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„Alleinsein ist nichts für uns Menschen“

Svenja Fabian arbeitet in Bad Homburg als Psychotherapeutin in einer ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Schon früh wurde ihr signalisiert, dass sie mit ihrer ruhigen und empathischen Art das Talent für die Tätigkeit als Psychotherapeutin mitbringt. Mittlerweile übt sie den Beruf seit 12 Jahren mit großer Leidenschaft aus. Constantin Sträter hat mit sich mit ihr für unseren Podcast getroffen.

Svenja Fabian mit glatten langen blonden Haaren streichelt eine auf einem Gartenzaun sitzende Katze am Kopf, Foto: Svenja Fabian.
Immer gern unter Leuten und im Gespräch. Schon früh war bei Svenja Fabian die Leidenschaft für einen therapeutischen Beruf vorhanden, Foto: Svenja Fabian.

  • Transkript (PDF) – Folge: Im Gespräch mit der blinden Psychologin Svenja Fabian

„Ich habe früh gelernt: Ich bin die, die anders ist“

Eigentlich hatte Svenja Fabian den Plan, ihre Interessen für Musik und Psychologie zusammenzuführen und als Musiktherapeutin zu arbeiten. Ein sehbehinderter Musiklehrer prophezeite ihr allerdings schlechte berufliche Aussichten, weshalb sie sich für den üblicheren Weg entschied: Studium der Psychologie in Marburg, danach Ausbildung zur Psychotherapeutin. Sie profitierte davon, dass die Universität Marburg auf die Belange blinder Studierender Rücksicht nahm, etwa indem in Teilen schriftliche durch mündliche Prüfungen ersetzt werden konnten.

Etwas Gegenwind gab es für die in der Nähe von Braunschweig aufgewachsene Fabian in der Ausbildung; als sie einen praktischen Teil in einer Klinik absolvieren wollte, die auf Abhängigkeits- und Suchterkrankungen spezialisiert ist, war die Chefin skeptisch. „Die wollen Sie doch dort verarschen“, sagte die Chefin  – und sie absolvierte den praktischen Teil in einer anderen Station. Auch sonst musste sie sich öfter beweisen als sehende Kollegen, etwa wenn sie gefragt wurde, ob sie überhaupt mit Patienten arbeiten könne, obwohl sie das in ihrem Studium und der Ausbildung immer wieder nachwies. Auf ihr Fortkommen hatte das keine großen Auswirkungen: 2008 beendete Svenja Fabian die Ausbildung erfolgreich und wurde Psychotherapeutin. Erst arbeitete sie als Angestellte in einer Praxis in Neu Ansbach, seit 2020 ist sie in Bad Homburg tätig.

„Es gibt immer einen Weg“

Das Svenja Fabian ihren beruflichen Weg so erfolgreich absolviert hat, ist kein Zufall. Auch bei der Arbeit mit den Patienten ist sie der festen Ansicht, dass es immer einen Weg gibt. „Auch wenn wir 80 Stunden danach suchen müssen. Aber es wird einen Weg geben.“ In der Verhaltenstherapie arbeitet sie insbesondere gegenwarts- und zukunftsorientiert. Im Gegensatz zu anderen Verfahren wie der Psychoanalyse oder der tiefenpsychologisch fundierten Therapie steht nicht die intensive Reflektion der Lebensgeschichte und der gemachten Erfahrungen im Vordergrund; er ist lediglich Teil, der in die Therapie integriert wird. Den Weg von Menschen zu begleiten und ihnen zu helfen, bereitet Fabian noch immer große Freude. Schwierig sei allein das Abschalten, wenn sie jemandem nicht wirklich helfen kann oder jemand die Therapie abbricht.

Svenja Fabian von Sonne beschienen steht Freien. Im Hintergrund ragt eine felsige Bergwand auf. Neben ihr steht ein gefüllter Wanderrucksack, Foto: Svenja Fabian.
Mit Zuversicht begegnet Svenja Fabian den Menschen, die Sie um Hilfe bitten. Ganz nach dem Motto: Es gibt immer einen Weg. Foto: Svenja Fabian.

Auch jüngere Menschen berühren sie, etwa wenn diese am Anfang ihres Lebens stehen und verzweifelt sind, weil sie nicht wissen, wie sie ihr Leben gestalten möchten. „Warum wollen sie das jetzt schon wissen“, fragt sich Svenja Fabian. 

Es sei schon interessant, wie die Patienten und psychische Probleme auch immer gesellschaftliche Entwicklungen widerspiegeln, stellt Fabian fest. Dabei spricht sie in dem Podcast auch darüber, inwieweit man sein eigenes Glück in der Hand hat: „Glück hat auch viel damit zu tun, dass man für sich eine Dankbarkeit und eine Haltung der Achtsamkeit entwickelt. Dass man dankbar ist für das, was man hat.“


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org.