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Hörmedien

Eine Fotografie: Hermann Dremel steht an einem Aufsteller mit dem Aufdruck atz Hörmedien für Sehbehinderte und Blinde. Er trägt ein gelbes T-Shirt mit demselben Aufdruck. Neben Hermann Dremel stehen ein Mann und eine Frau mit dunklen Brillen. Hermann spricht zu den beiden. Alle stehen im Eingangsbereich eines weißen Zeltes, wie es zu Festen eingesetzt werden kann. Im Zelt befinden sich Stühle und Tische an denen andere Menschen sitzen, Foto: atz Hörmedien.

SICHTBAR-Podcast: Hörmedien – eine Zeitreise mit Hermann Dremel

Hörmedien im Wandel der Zeit

In dieser Folge von SICHTBAR – Der Podcast spricht Florian Eib mit Hermann Dremel, dem langjährigen Geschäftsführer der atz Hörmedien aus Holzminden. „Die Bedürfnisse sehbehinderter und blinder Menschen führen in unserer Gesellschaft ein Schattendasein“, sagt er. Und er muss es wissen, denn er arbeitet seit über 45 Jahren im Bereich Hör-Zeitungen, die in den 70ern zu einer der wichtigsten Informationsquellen für viele Menschen mit Sehbehinderung oder Leseeinschränkung wurden.

Eine Fotografie: Hermann Dremel steht an einem Aufsteller mit dem Aufdruck atz Hörmedien für Sehbehinderte und Blinde. Er trägt ein gelbes T-Shirt mit demselben Aufdruck. Neben Hermann Dremel stehen ein Mann und eine Frau mit dunklen Brillen. Hermann spricht zu den beiden. Alle stehen im Eingangsbereich eines weißen Zeltes, wie es zu Festen eingesetzt werden kann. Im Zelt befinden sich Stühle und Tische an denen andere Menschen sitzen, Foto: atz Hörmedien.
Ein Mann für alle Fälle: Hermann Dremel war als Geschäftsführer der atz Hörmedien nicht nur Sprecher von Hör-Zeitungen, sondern auch Redakteur, IT-Spezialist, Vertriebsleiter und Ansprechpartner rund um das Thema Sehbehinderung, Foto: atz Hörmedien.

  • Transkript (PDF) – Folge 1: „Hörmedien im Wandel der Zeit – Ein Gespräch mit Hermann Dremel“

Hintergrund: Die atz Hörmedien aus Holzminden

Wie viele Hörerinnen und Hörer die atz Hörmedien in ihrer über 40-jährigen Erfolgsgeschichte mit Informationen versorgt haben, das kann heute niemand mehr messen. Klar ist aber, dass es mehrere zehntausend sein dürften. Zu Hochzeiten vertrieb die kleine Zentrale der atz Hörmedien in Holzminden etwa 70 regionale und überregionale Tages- und Wochenzeitungen. Und das mit selten mehr als einer handvoll festen Mitarbeitern. Heute sind es immer noch ca. 50 Titel. Hermann Dremel wurde 1979 Geschäftsführer der atz. Dadurch, dass sich der gemeinnützige Verein fast zeitgleich einen Zivildienstleistenden leisten konnte, wurde das Hör-Zeitungsangebot in den kommenden Jahren stets erweitert.

„Wenn sich zehn Leute finden, fangen wir an.“

Eine Schwarzweißaufnahme zeigt zwei Personen an einem Tisch mit vielen Kassetten und Tonbändern darauf. Eine Person ist Hans-Dieter Sailer, den Wegbereiter der atz Hörmedien. Er trägt Anzug und Schlips und eine dunkle Brille. Sailer tastet an mehreren ausgepackten Kassetten. Neben ihm steht eine jüngere Frau mit Brille. Sie beobachtet ihn und hat ein eingepacktes Spulentonband in der Hand. Im Hintergrund steht ein offener Schrank mit Ordnern und weiteren zahlreichen Tonbandspulen darin, Foto: atz Hörmedien.
Ein Blick in die Geschichte der Hörmedien: Hans-Dieter Seiler ist der Begründer lokaler Hör-Zeitungen im Großraum Holzminden. Hier ertastet der blinde Hans-Dieter Seiler Kassetten und Tonbänder auf denen ausgesprochene Zeitungsartikel zu hören sind, Fotorechte: Archiv atz Hörmedien.

Es muss um 1970 gewesen sein, als Hans-Dieter Seiler, – damaliger Blindenvereins-Vorsitzender in Holzminden – die Idee für eine informative Hör-Zeitung hatte. Lokaler Hörfunk war zu dieser Zeit noch nicht allgegenwärtig. Für sehbehinderte und blinde Menschen, die wenig Unterstützung von sehenden „Vorlesern“ hatten, war es schwer, an Informationen zu kommen. Computer oder Smartphone zu benutzen, so wie es heute üblich ist, war damals überhaupt nicht denkbar. 
Also fragte Hans-Dieter Seiler bei Bekannten und Freunden, auch Sehbehinderten an, ob Interesse an einer lokalen Hörzeitung bestehen würde. Die Voraussetzung war, dass sich mindestens zehn regelmäßige Hörerinnen und Hörer finden. Sie fanden sich und die erste Hör-Zeitungsausgabe las die Frau von Hans-Dieter Seiler. Die Idee für lokale Hör-Zeitungen auf Tonband, später auf Kassette, passte in die damalige Zeit und so entstanden innerhalb weniger Jahre weitere örtliche Initiativen. Unter anderem auch in Göttingen, wodurch Hermann Dremel seinen Weg zu den später gegründeten atz Hörmedien fand.

Über 400 Ehrenamtliche helfen mit

Mittlerweile über 40 Jahre hat Hermann Dremel als Geschäftsführer der atz Hörmedien Hör-Zeitungen für sehbehinderte und blinde Menschen produziert. Natürlich nicht alleine, sondern mit einem Team aus einigen Festangestellten und heute etwa 400 ehrenamtlichen Helferinnen und Helfern. Damals wie heute sprechen sie Texte für Menschen mit einer Seh- oder Leseeinschränkung ein. Zumeist haben sich hierbei lokale Gruppen zusammengeschlossen, die häufig auch schon über viele Jahrzehnte bestehen – Redakteure, Sprecher, Tontechniker. In der Entstehungszeit der atz Hörmedien war es wiederum Hermann Dremel, der wie er selbst sagt „über die Dörfer“ gezogen ist und diese regionalen Arbeitsgruppen ins Leben gerufen hat. Noch heute pflegen die atz Hörmedien dieses Netzwerk. Sie sind technischer sowie redaktioneller Ansprechpartner und vertreiben die Hör-Zeitungen aus vielen Teilen Deutschlands.

„Einfach aufhören, das könnte ich nicht“

Hermann Dremel hat dieses umfangreiche Netzwerk für ehrenamtliches Engagement nicht nur aufgebaut. Er hat als langjähriger Geschäftsführer der atz Hörmedien das, was wir heute unter Barrierefreiheit und Inklusion verstehen, praktisch umgesetzt. Damit hat er einen großen gesellschaftlichen Beitrag rund um die Themen Hörmedien und das Informationsbedürfnis sehbehinderter und blinder Menschen geleistet. Im Juli ist Hermann Dremel aus seiner hauptamtlichen Tätigkeit bei den atz Hörmedien in den Ruhestand verabschiedet worden. Während zeitgleich die atz-Zentrale nach Münster in die Räume der Westdeutschen Blindenhörbücherei umgezogen ist. Alles kein Grund allerdings für Hermann Dremel, nicht auch weiter seiner Leidenschaft – dem redaktionellen und sprecherischen Arbeiten an Hör-Zeitungen – nachzugehen. Nur eben etwas weniger. Aber „einfach aufhören, das könnte ich nicht“, sagt er – verständlicherweise. Denn Hör-Zeitungen waren und sind gewissermaßen sein Leben.

Ein Portraitfoto zeigt Hermann Dremel neben einem Mikrofon. Hermann schaut über den Rand seiner Lesebrille in die Kamera, Foto: atz Hörmedien.
Weit über 40 Jahre am Mikrofon: Hermann Dremel ist leidenschaftlicher Sprecher und Hör-Zeitungsredakteur. Das gilt natürlich auch, nachdem er im Juli den Ruhestand eingetreten ist, Foto: atz Hörmedien.