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Wolf Schmidt

Wolf Schmidt und Tomke Koop stehen nebeneinander auf einem Blindenfußball-Feld und lächeln in die Kamera. Wolf Schmidt trägt einen dunkelgrauen Trainingsanzug und eine Basecap mit St. Pauli Schriftzug. Tomke hat eine Hand in der Tasche ihres Mantels mit der anderen Hand hält sie einen Blindenfußball hoch. Wolf Schmidt hat eine Hand hinter dem Rücken, mit der anderen zeigt er auf den Blindenfußball in Tomkes Hand. Foto: Florian Eib

SICHTBAR-Podcast: Hinter den Kulissen beim Blindenfußball

Hinter den Kulissen beim Blindenfußball

Eine neue Folge von SICHTBAR – Der Podcast mit Wolf Schmidt, der nicht nur ein kreativer Kopf, sondern auch der Trainer der Blindenfußball-Mannschaft vom FC St. Pauli ist. Anlässlich des anstehenden Finales der Blindenfußball-Bundesliga am 24. Oktober 2020 in Magdeburg hat sich Tomke Koop mit Wolf Schmidt in Hamburg getroffen, um ihn und seine Arbeit besser kennenzulernen. Schmidt spricht dabei nicht nur über seine Erfahrungen im Blindenfußball, sondern auch über seinen persönlichen Weg vom Kindesalter, Kreativität und die Anfänge der Blindenreportage bei St. Pauli. Viel Spaß beim Hören!

Wolf Schmidt und Tomke Koop stehen nebeneinander auf einem Blindenfußball-Feld und lächeln in die Kamera. Wolf Schmidt trägt einen dunkelgrauen Trainingsanzug und eine Basecap mit St. Pauli Schriftzug. Tomke hat eine Hand in der Tasche ihres Mantels mit der anderen Hand hält sie einen Blindenfußball hoch. Wolf Schmidt hat eine Hand hinter dem Rücken, mit der anderen zeigt er auf den Blindenfußball in Tomkes Hand. Foto: Florian Eib
Das anstehende Finale der Blindenfußball-Bundesliga hat Tomke Koop zum Anlass genommen, Wolf Schmidt, den Trainer der Blindenfußball-Mannschaft vom FC St. Pauli, zu treffen. Foto: Florian Eib

  • Transkript (PDF) – Folge: Blindenfußball-Trainer Wolf Schmidt

Vom Schüler in New York über die Land-WG bis zur Blindenreportage

Das Leben von Wolf Schmidt ist alles andere als eintönig. Seine ersten zwei Schuljahre verbrachte er in New York, da sein Vater dort für einige Zeit forschte. Nach diesen zwei Jahren ging es für die Familie wieder zurück nach Deutschland, wo Schmidt schon in der Schulzeit seine Interessen und Talente erkannt hat, die vor allem im kreativen Bereich und im Sport liegen. Nach der Schulzeit hat er sich neben seinem Zivildienst daher in einer Land-WG kreativ ausgelebt, Musik gemacht (Wolf Schmidt ist leidenschaftlicher Bassist) und gemalt. „Manchmal wünsche ich mir, mit einem anderen Bewusstsein diese Zeit noch mal erleben zu können“, sagt Wolf Schmidt über die Zeit der 80er. 

Nach dem Zivildienst absolvierte Schmidt ein Film-Studium und arbeitete anschließend in Agenturen. In den 90ern fing Wolf Schmidt mit 25 Jahren an, beim FC St. Pauli in der 3. Herren-Mannschaft zu spielen. Im Gespräch erzählt Schmidt, dass Sport schon immer eine große Rolle in seinem Leben gespielt hat. Dies zeigt sich auch darin, dass er – obwohl er Film studierte – mehr Fußballer als Regisseure kannte. Nachdem sich beruflich in der Film-Branche einige Änderungen ergaben, sagte Schmidt sich selbst, dass er nur noch Dinge tun möchte, die er wirklich gut findet. Gesagt, getan! 

Zum Ende seiner Zeit in der Film-Branche ergab sich ein Zufall, der Schmidts Lebenslauf bis heute geprägt hat. Während eines Spiels vom FC St. Pauli fing Schmidt im Stadion an, einem vor ihm stehenden Blinden das Spielgeschehen zu beschreiben. Wie es dazu kam, würde an dieser Stelle mehrere Zeilen füllen. In der Podcast-Folge gibt es alle Einzelheiten dazu. In Kurzform: Durch dieses zufällige Zusammentreffen entstand 2004 die Blindenreportage beim FC St. Pauli. Schmidt ist bis heute im Bereich Blindenreportage aktiv und für ihn zählt vor allem, dass auch Fans mit Sehbehinderung ein gleichberechtigtes Fan-Dasein ausleben können. 

Wolf Schmidt an der Bande eines Blindenfußballspielfeldes. Die Fotografie zeigt ihn aus der Rückenperspektive, aus seiner schwarzen Windjacke steht „Team barrierefrei“. Schmidt blickt leicht über die Spielfeldbande gelehnt nach rechts. Sein Mund ist geöffnet, er gibt Anweisungen. Auf dem Kopf trägt er ein braunes St. Pauli-Basecap. Im Hintergrund liegt ein Blindenfußball-Spielfeld mit grünem Kunstrasen. An der gegenüberliegenden Bandenseite sind verschwommen einige Zuschauerinnen und Zuschauer zu erahnen, Foto: Tomke Koop.
Engagiert an der Seitenlinie: Wolf Schmidt beim Blindenfußball. 1991 fing Schmidt beim FC St. Pauli in der 3. Herren an, aktiv Fußball zu spielen. Mit der Trainerausbildung begann er 2006 und trainierte anfangs das Mädchen-Team des SC Sternschanze, bevor er 2009 Blindenfußballtrainer in St. Pauli wurde, Foto: Tomke Koop.

Vom Kinder-Trainer zum Blindenfußball

Gleichzeitig fing Schmidt 2006 an, einen Trainer-Lehrgang und eine Ausbildung speziell zum Kinder-Trainer zu absolvieren, da er zu dieser Zeit anfing, die Fußball-Mannschaft seiner Tochter zu trainieren. Über sich selbst sagt er übrigens, dass er nie der beste Spieler war. Seine Stärke liegt vielmehr im räumlichen Denken – wie müssen z. B. einzelne Teammitglieder stehen, wie können Räume angelaufen werden und wie entsteht ein sicherndes Spiel. 2009 fehlte dann der Blindenfußball-Mannschaft von St. Pauli ein Trainer für den Besuch eines Turniers in Köln. Schmidt wurde angefragt und sagte zu: „Ich mache nur die Vorbereitung für das Turnier. Aber dann ist Feierabend.“ 

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Das Training der Blindenfußballer machte Schmidt so viel Spaß, dass er bis heute sein Herzblut in diese Tätigkeit steckt. Dabei kommt ihm auch seine Ausbildung zum Kinder-Trainer zugute, denn die Inhalte kann er gut auf das Training adaptieren. Seitdem hat Schmidt den Blindenfußball stetig weiter vorangetrieben. Allerdings hätten sich mit der Zeit dadurch auch die Arbeitsfelder und die Intensität deutlich gesteigert – alles im Ehrenamt wohlgemerkt. Schmidt sieht das Problem, dass der Sport in einer professionalisierten Form von zu wenig Menschen mitgegangen wird. Für die Zukunft gebe es hier ein klares Handlungsfeld, sagt der gebürtige Hamburger: Den Blindenfußball in die Breite entwickeln und Nachwuchs finden, um den Sport auch weiterhin zu erhalten. Insgesamt ist Schmidt der Meinung, dass Leistung im Bereich Behinderung zu Unrecht unterrepräsentiert ist, es fände noch keine Gleichberechtigung statt und daran müsse gearbeitet werden. 

Wolf Schmidt gibt gerne sein Wissen weiter – und das nicht nur national, sondern auch international. Er war bereits in der Schweiz und in Kambodscha aktiv, wo der dabei half, Blindenfußball-Trainer auszubilden und auch dort das Thema in die Breite zu bringen und Menschen aus „ihren stigmatisierten Behindertenrollen zu befreien“, so Schmidt. 

Als nächstes geht es für die Mannschaft vom FC St. Pauli zum Bundesliga-Finale nach Magdeburg. Am 24. Oktober 2020 spielen sie um 15 Uhr gegen den MTV Stuttgart. Nach unserem Gespräch musste Schmidt übrigens direkt los zum Training, denn die Mannschaft bereitet sich intensiv vor. Für den FC St. Pauli ist es das vierte Ligafinale in Folge, wobei sich in den letzten zwei Jahren die gegnerische Mannschaft jeweils durchsetzte. Das Spiel kann um 15 Uhr im Livestream auf dem YouTube-Kanal des FC St. Pauli-Blindenfußball verfolgt werden. Wir wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern viel Erfolg!

Wolf Schmidt mit seiner Blindenfußballmannschaft am Rande eines Spielfeldes. Die Spielerinnen und Spieler sitzen auf einer Steinerhöhung, trinken aus Wasserflaschen und hören Schmidt zu. Der hockt vor ihnen und gibt Anweisungen. Schmidt trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „St. Pauli Blindenfußball“ und ein weißes Basecap, Foto: Florian Eib.
Jedes Jahr im Finale: In der Saison 2020 steht die Blindenfußballmannschaft des FC St. Pauli in der vierten Auflage zum vierten Mal im Ligafinale. 2017 wurde man Deutscher Meister. In den vergangenen zwei Jahren setzte sich jeweils der Finalgegner durch. Das diesjährige Finale findet am 24. Oktober in Magdeburg statt, Foto: Florian Eib.