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Tomke Koop

Das Geschenk der Weisen: SICHTBAR-Weihnachtsgeschichte 2023. Das Banner von SICHTBAR – Der Podcast ist ein Rechteck. In der Mitte des Rechtecks befindet sich vor einem roten Hintergrund ein weißes, kreisförmiges Mikrofon. Im Mikrofon befindet sich der Schriftzug "SICHTBAR DER PODCAST" in weißer Farbe. Über dem Kopf des geschwungenen Mikrofons im Logo hängt eine Weihnachtsmütze und unter dem Schriftzug ist ein grüner Tannenzweig.

SICHTBAR – Der Podcast: Eine Weihnachtsgeschichte

Beitragsbanner „Das Geschenk der Weisen“: SICHTBAR-Weihnachtsgeschichte 2023. Das Banner von SICHTBAR – Der Podcast ist ein Rechteck. In der Mitte des Rechtecks befindet sich vor einem roten Hintergrund ein weißes, kreisförmiges Mikrofon. Im Mikrofon befindet sich der Schriftzug "SICHTBAR DER PODCAST" in weißer Farbe. Über dem Kopf des geschwungenen Mikrofons im Logo hängt eine Weihnachtsmütze und unter dem Schriftzug ist ein grüner Tannenzweig.

Das Geschenk der Weisen – O. Henry

O. Henry heißt eigentlich William Sydney Porter und ist ein amerikanischer Schriftsteller aus dem 19. und 20. Jhd. Er ist vor allem für seine Kurzgeschichten berühmt. Seit 1919 wird jährlich der O.-Henry-Literaturpreis für englischsprachige Kurzgeschichten vergeben. „Das Geschenk der Weisen“ ist 1905 erschienen. Florian Eib hat diese berührende Weihnachtsgeschichte vertont.

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Herzlichen Dank für 2023

Frohe Weihnachten! Das sagen wir von Herzen und bedanken uns für ein weiteres gemeinsames Jahr. Auch in 2023 konnten wir wieder viele gemeinsame Veranstaltungen mit Audiodeskription organisieren. Wir konnten sogar ein rundes Jubiläum mit unserer 100. Veranstaltung mit Audiodeskription feiern, Wahnsinn! Und natürlich wird es auch im kommenden Jahr weitergehen. Alle unsere Veranstaltungen findet ihr gesammelt auf unserer Events-Seite (www.hoermal-audio.org/events). Jetzt heißt es aber erst einmal: kurz durchatmen, sich kurz auf die Gemütlichkeit der Weihnachtstage besinnen und natürlich Danke sagen. Danke an alle unsere gutgelaunten Gäste und unsere Partner, die sich mit uns für mehr Barrierefreiheit einsetzen. Wir freuen uns auf viele kommende gemeinsame Stunden.

Auch im Namen des gesamten SICHTBAR-Podcast-Teams wünschen wir euch einen frohen Jahresausklang. Natürlich werden wir uns im kommenden Jahr wieder spannenden Themen widmen, versprochen. Danke fürs rege Hören sagen: Tomke Koop, Constantin Sträter, Philip Sauer, Antonia Lemke und Florian Eib.


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org. SICHTBAR – Der Podcast wird von HörMal Audiodeskription in Kooperation mit dzb lesen herausgegeben.

Brailleschrift lernen und fühlen soll Spaß machen. Eine dreidimensionale Elefantenfigur steht neben der geöffneten Seite eines Tastbuches mit einem erfühlbaren, aber zweidimensionalen Elefantenkörper. Darunter steht in Schwarz- und Brailleschrift das Wort „Elefant“. Im Hintergrund fühlt eine Hand ein abklappendes Ohr des Elefanten im Buch, Foto: HörMal Audiodeskription.

SICHTBAR-Podcast: Brailleschrift erlernen

Brailleschrift – mit den Händen lesen

Es ist ein ebenso einfaches wie faszinierendes System: Sechs Punkte in zwei senkrechten Dreier-Reihen sind der “Baukasten” aus dem Louis Braille, der findige Franzose, im 19. Jhd. eine Codierung entwickelte, mit der heute Millionen Menschen weltweit lesen können. Die sogenannte Brailleschrift hilft in der Regel blinden oder stark sehbehinderten Menschen, Bücher, Musiknoten, Zahlen zu erfühlen und ebendiese auch zu schreiben. Es versteht sich von selbst, dass sich die heute international anerkannte Blindenschrift nach ihrer Entwicklung rasant durchsetzte. Aber wie kann man Brailleschrift erlernen? Und vor allem: Vor welchen Herausforderungen stehen Menschen, die darauf angewiesen sind? Florian Eib hat für SICHTBAR – Der Podcast nachgefragt.

Brailleschrift lernen und fühlen soll Spaß machen. Eine dreidimensionale Elefantenfigur steht neben der geöffneten Seite eines Tastbuches mit einem erfühlbaren, aber zweidimensionalen Elefantenkörper. Darunter steht in Schwarz- und Brailleschrift das Wort „Elefant“. Im Hintergrund fühlt eine Hand ein abklappendes Ohr des Elefanten im Buch, Foto: HörMal Audiodeskription.
Alles eine Frage des "Gefühls": Wer Brailleschrift erlernt, kann einen großen Schatz an Tast- und Fühlübungen finden. Sie bilden die Grundlage für das Lesen der feinen Punkte, die den Code Brailleschrift darstellen, Foto: HörMal Audiodeskription.

Brailleschrift erlernen im Erwachsenenalter

Geduld, Geduld, Geduld predigt unsere Gesprächspartnerin Nadine Wettstein vom Berufsförderungswerk in Halle (Saale). Sie hat Braille erst im jungen Erwachsenenalter erlernt und spricht deshalb aus Erfahrung. Denn mit dem Alter lässt die Fühl-Fähigkeit der Finger tendenziell nach. Zudem benötigt es einiges an Gedächtnisleistung, sich die unterschiedlichen Zeichen zu merken. Unmöglich ist das Erlernen ich im späteren Alter allerdings nicht. Und mit den richtigen Methoden können auch recht schnell Lernerfolge verzeichnet werden. Im ersten Teil unserer kleinen Miniserie hat uns Nadine Wettstein verraten, wie das geht.

Brailleschrift erlernen im Kindesalter

Brailleschrift erlernen mit einem neuen Lernmaterial. Ein Finger fährt geschriebene Brailleschrift auf einer blau gestalteten Seite mit weißer Schrift entlang. Auf derselben Seite sind Würfelzeichen abgebildet. Auf der nächsten Seite des aufgeklappten Übungsbuches sind die Buchstaben „A“ und „L“ abgedruckt, Foto: HörMal Audiodeskription
Das Verständnis für Schrift und Sprache, die Unterscheidung von erhabenen Buchstaben, Braillepunkten und z. B. den Punkten auf einem Spiel-Würfel, stellen hohe Anforderungen an die Lernenden, Foto: HörMal Audiodeskription

Kinder erlernen Dinge viel schneller als Erwachsene, das ist unbestritten. Aber sie stehen beim Erlernen der Brailleschrift vor großen Herausforderungen. Denn anders als Späterblindete müssen sie neben der Braille-Zeichen auch lernen, was es überhaupt bedeutet, Sprache in Zeichen zu übersetzen. Sie müssen lernen, was es bedeutet, von links nach rechts in einer Zeile zu lesen. Letzteres ist vor allem für geburtsblinde Kinder eine der ganz großen Herausforderungen. 
Unsere Gesprächspartnerin Beatrice Ohnsorge vom Förderzentrum für Blinde und Sehbehinderte Wladimir-Filatow in Leipzig weiß aus jahrelanger Erfahrung, wie man schon mit den ganz Jungen spielerisch arbeiten kann. Mit viel Hingabe widmet sich die ausgebildete Grundschullehrerin seit Jahrzehnten der Ausbildung sehbehinderter und blinder Kinder und Jugendlicher. Im zweiten Teil unserer Miniserie zum Brailleschrift-Erlernen hat Beatrice Ohnsorge mit uns ein neues Lernmaterial angesehen, das unter anderem unter Mitarbeit des dzb lesen in Leipzig entwickelt wurde.

Brailleschriftkurse

Im dzb lesen finden übrigens regelmäßig Brailleschriftkurse statt. Der Förderverein des dzb lesen bietet zudem 90-minütige Schnupperkurse für sehende Menschen an, in denen Braillenutzer*innen System und Geschichte der Schrift erklären und sogar kleine Texte selbst gelesen und geschrieben werden können. Wer dafür nicht ins dzb lesen kommen kann, besucht den Kurs einfach online, per Zoom. Nähere Informationen zu den Brailleschriftkursen der „Freunde des barrierefreien Lesens e. V.“ gibt es unter: www.barrierefreies-lesen.de/brailleschriftkurse.

Tastbücher, Lern- und Spielmaterialien aus Leipzig

Bereits angesprochen, widmet sich das Deutsche Zentrum für barrierefreies Lesen neben vielen anderen Services auch dem Entwerfen und Verkaufen von Lernmaterialien für sehbehinderte und blinde Kinder. Dazu gehören unter anderem auch liebevoll gestaltete Fühl- und Tastbücher, die sehende und blinde auch gemeinsam ertasten und erleben können. In einer unserer Podcastfolgen haben wir mit Produktentwicklerin Antje Mönnig gesprochen. Sie erstellt das Konzept für diese inklusiven Kinderbücher. Zum Produktsortiment des dzb lesen gehören auch diverse taktile Spiele, wie zum Beispiel Fühl- oder Hör-Memories oder auch die sehr beliebten LEGO Braille-Steine. Alle angesprochenen Produkte werden vom dzb lesen vertrieben. Kontakt: verkauf@dzblesen.de, Telefon 0341 7113-119.

Ein Foto zeigt einige geöffnete und übereinanderliegende Tastbücher. Unter der Schwarzschrift sind jeweils Zeilen in Brailleschrift angebracht. Eine Abbildung aus Holz zeigt einen Schlitten, Foto: HörMal Audiodeskription.
Bunt, mit Brailleschrift und fühlbaren Abbildungen versehen. So werden taktile Kinderbücher für zum Erlebnis für Blinde und Sehende, ebenso wie für Jung und Alt, Foto: HörMal Audiodeskription.


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org. SICHTBAR – Der Podcast wird von HörMal Audiodeskription in Kooperation mit dzb lesen herausgegeben.

Theater mit Audiodeskription in Lörrach: Das offizielle Bild zum Stück „Der blaue Vogel“ ist eine Grafik in deren Mitte sich auf blauem Grund ein grauer Vogelkäfig mit offenem Türchen befindet. Links und rechts ist der Grund mit blau-weiß-orangenen Querstreifen versehen. Darüber fliegen auf jeder Seite je 3 Vögel. Grafik: Theater Tempus fugit

Der blaue Vogel: Theater mit Audiodeskription in Lörrach

Theater mit Audiodeskription gibt es in Lörrach seit dem vergangenen Jahr. Damals haben wir mit „Elisa und die Schwäne“ unsere Audiodeskription ans Haus gebracht. Ein zweites Stück konnten wir mit „Liebe Grüße, deine Marie“ entwerfen. Nun freuen wir uns, an einem neuen Stück mitwirken zu dürfen. Die Großproduktion „Der blaue Vogel“ nach dem Märchenspiel von Maurice Maeterlinck ist von Karin Maßen inszeniert. Es wird ein riesiges Ensemble unterschiedlichen Alters und Erfahrungsstandes gemeinsam auf der Bühne stehen. Uns erwartet eine zarte Geschichte über das Leben, das Erwachsenwerden, die Suche nach dem Glück, die Kraft der Fantasie und nicht zuletzt auch über die Frage, wie wir Menschen mit der Natur umgehen. Die Geschwister Mytyl und Tytyl müssen sich zusammen mit vielen anderen auf eine geheimnisvolle Reise ins Ungewisse begeben, um den blauen Vogel zu finden. Denn er bedeutet das Glück.

Theater mit Audiodeskription muss in diesem Fall sogar genauer „mit Live-Audiodeskription“ heißen. Denn Tomke und Florian werden einige Tage in Lörrach verbringen und gemeinsam mit dem Ensemble des Theater Tempus fugit proben. Und weil in diesem Stück viel improvisiert wird, müssen sich die beiden an den Aufführungstagen auch auf ihre Live-Erfahrung verlassen. Zu folgenden Terminen gibt es eine Audiodeskription im Theater Tempus fugit für „Der blaue Vogel“:

– Samstag, 13. Mai 18 Uhr
– Sonntag, 14. Mai 14 Uhr
– Sonntag, 14. Mai 18 Uhr
– Montag, 15. Mai 9 Uhr
– Montag, 15. Mai 11.15 Uhr.

Tickets

Wir freuen uns auf alle Gäste. Es wird sicher eine stimmungsvolle Aufführung. Tickets für die Audiodeskription können schon jetzt bestellt werden unter der Telefonnummer 07621 157840. Die Ticketinformationen gibt es auch auf der Website des Kooperationspartners Burghof Lörrach.

 

SICHBAR – Der Podcast: Das Foto zeigt Mathias Mester und Tomke Koop. Sie sitzen in der ersten von mehreren Stuhlreihen. Tomke hält Mathias lachend ein Mikrofon hin, er tut so, als würde er in das Mikrofon beißen. Foto: HörMal Audiodeskription

SICHTBAR-Podcast: Weltmeister Mathias Mester

Gespräch mit Weltme(i)ster Mathias Mester

SICHBAR – Der Podcast: Das Foto zeigt Mathias Mester und Tomke Koop. Sie sitzen in der ersten von mehreren Stuhlreihen. Tomke hält Mathias lachend ein Mikrofon hin, er tut so, als würde er in das Mikrofon beißen. Foto: HörMal Audiodeskription
Mathias Mester: Immer gut gelaunt, einen lockeren Spruch auf den Lippen und aktiv im Einsatz für Inklusion und Barrierefreiheit. Wir sprechen mit ihm über sein Leben als Kleinwüchsiger. Foto: HörMal Audiodeskription

Über das Leben als Kleinwüchsiger, die erste Liebe und den Erfolg im Sport

Mathias Mester: Eine Frohnatur, immer einen lockeren Spruch auf den Lippen und erfolgreicher Paar-Sportler. Mit einer Größe 1,42 m gilt er als einer der Größten unter den Kleinwüchsigen. Bekannt durch seine sportlichen Erfolge und den Auftritten in verschiedenen TV-Formaten, wie z. B. Let’s Dance, nutzt er seine hohe Reichweite besonders auf Social Media, um auf die Themen Inklusion und Barrierefreiheit aufmerksam zu machen.

Tomke Koop hat für SICHTBAR – Der Podcast mit dem „Weltmester“ gesprochen. Mathias gibt im Gespräch einen sehr privaten Einblick in sein Leben als Kleinwüchsiger. Er erzählt von seinen sportlichen Erfolgen – dem Weg über die Anfänge im Fußball bis hin zum Europa- und Weltmeister sowie zur Olympia-Silbermedaille. Wir thematisieren auch die Zeit der Jugend: Wie geht man damit um, wenn die erste Liebe aufgrund einer Behinderung die Gefühle nicht erwidert? Wann merkt man, dass man „anders“ ist als die anderen? Und fühlt man sich eigentlich als „Quoten-Behinderter“, wenn man zu Formaten wie Let’s Dance eingeladen wird?

All diese Fragen und noch viele weitere interessante Details über Mathias Mester hört ihr in der Folge von SICHTBAR – Der Podcast.


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org. SICHTBAR – Der Podcast wird von HörMal Audiodeskription in Kooperation mit dzb lesen herausgegeben.

SICHTBAR – Der Podcast: Martin Engel und Tomke Koop sitzen sich gegenüber und unterhalten sich. Tomke Koop hält ein Mikrofon in Richtung des blinden Pianisten im schwarzen Rollkragenpullover. Hinter ihnen steht ein schwarzes Klavier. Foto: HörMal Audiodeskription

SICHTBAR-Podcast: Interview mit dem blinden Pianisten Martin Engel

Interview mit dem blinden Pianisten Martin Engel

Beitrag: Tomke Koop, 29.01.2022

Das neue Podcast-Jahr von  SICHTBAR – Der Podcast startet mit einem Highlight. Denn unser erster Gast in 2022 ist niemand geringeres als Martin Engel. Martin Engel ist Vollblutmusiker und Profi-Pianist. Das Besondere: Er ist geburtsblind und musste sich daher seinem Instrument und dem Notenlesen anders nähern als es sehende Schülerinnen und Schüler tun. Darüber und über seinen Weg zur Profi-Laufbahn spricht der blinde Pianist in dieser Folge von SICHTBAR – Der Podcast mit Tomke Koop.

SICHTBAR Der Podcast: Das Foto zeigt den blinden Pianisten Martin Engel von der Seite während er Klavier spielt. Dabei lächelt er. MartinE Engel trägt einen schwarzen Anzug mit schwarzem Hemd. Foto: Juliane Herrmann
Martin Engel ist geburtsblind. Seine Liebe zur Musik wurde ihm in die Wiege gelegt. Im Alter von neun Jahren erhielt er seinen ersten Klavierunterricht. Foto: Juliane Herrmann

Transkript zur Folge: Interview mit dem blinden Pianisten Martin Engel wird in Kürze hier erscheinen

Blind Klavier lernen und Noten lesen – wie geht das?

Die Liebe zur Musik und das musikalische Gespür wurden Martin Engel schon in die Wiege gelegt. „Die Veranlagungen kommen von ihm, da bin ich ganz sicher“, sagt der blinde Pianist. Gemeint ist damit sein Vater, der laut Engel eine besondere Begabung für harmonisches Denken und Hören hat. 

Seinen ersten Klavierunterricht erhielt Martin Engel im Alter von neun Jahren. „Es sollte eigentlich schon früher das Fall sein“, sagt er. Doch das war an seiner damaligen Blindenschule nicht möglich. Auch das Notenlesen wurde in der Schule nicht vermittelt. Deshalb wurde der Kontakt zu einer privaten Klavierlehrerin hergestellt. Nachdem er die ersten Stücke durch Anhören und Nachspielen eingeübt hat, wurde kurze Zeit später das Notenlesen interessant. Gemeinsam mit seiner Mutter hat der blinde Pianist sich dann in das Lesen von Braillenoten eingearbeitet. „Das war richtig hart“, sagt er. Ungefähr ein Jahr habe es gedauert, bis er Blinden-Notenschrift flüssig lesen konnte. 

Mittlerweile ist Martin Engel Profi darin und hat mehrere Ringbücher mit Braillenoten zu Hause. Viele seiner Noten bezieht er vom Deutschen Zentrum für barrierefreies Lesen (dzb lesen). Im Projekt „DaCapo“ werden Noten für blinde Musikerinnen und Musiker, egal ob Laie oder Profi, in Braillenoten und Großdruck übertragen. Diese können von Nutzerinnen und Nutzern des dzb lesen kostenlos ausgeliehen oder gekauft werden. Die Bibliothek umfasst derzeit schon mehr als 6.500 Werke. Sollte ein Werk nicht vorhanden sein, dann kümmert sich das Team von „DaCapo“ gerne um die Übertragung des gewünschten Stückes – von diesem Service macht auch Martin Engel häufig Gebrauch. Wer mehr über den Service erfahren möchte, findet hier mehr Informationen und Kontaktdaten.

Aus dem Leben eines Profi-Pianisten

In dieser Podcast-Folge berichtet uns Martin Engel von seinem Weg als blinder Pianist. Er habe dabei seinen Eltern viel zu verdanken, sagt er. Sie hätten ihn schon früh unterstützt, mit ihm das Notenlesen geübt und ihn während seines gesamtes Werdegangs unterstützt. Martin Engel studierte Klavier und später auch Cembalo. Während seines Studiums erhielt er verschiedene Auszeichnungen. 

Heute gibt der Profi-Pianist sein Wissen an seine Schülerinnen und Schüler weiter. Auf die Frage, was seinen Unterricht besonders machen würde, antwortet er: „Ich gehe gerne mal auf Tuchfühlung.“ Wo andere Lehrerinnen und Lehrer auf Sicht arbeiten, lässt Martin Engel seine Schützlinge Handhaltungen und -positionen ertasten. 

SICHTBAR – Der Podcast: Martin Engel und Tomke Koop sitzen sich gegenüber und unterhalten sich. Tomke Koop hält ein Mikrofon in Richtung des blinden Pianisten im schwarzen Rollkragenpullover. Hinter ihnen steht ein schwarzes Klavier. Foto: HörMal Audiodeskription
Martin Engel ist ein blinder Pianist und zu Gast bei SICHTBAR – Der Podcast. Im Interview erzählt er Tomke Koop vom SICHTBAR-Team von seinen musikalischen Anfängen und seinem Weg zur Profi-Karriere. Foto: HörMal Audiodeskription

Unterwegs mit Chopin, Bach und Liszt

Im Rahmen der Pandemie ist dieses Konzept natürlich in den Hintergrund getreten. Momentan finden die Stunden nur mit Abstand oder online statt. Auch der zweite wichtige Bereich in Martin Engels Tätigkeit ist dadurch betroffen: Die Live-Auftritte. Der blinde Pianist gibt gerne Konzerte in verschiedenen Teilen Deutschlands. Dabei wird er eins mit seinem Instrument, während er u. a. Werke von Chopin, Mendelssohn, Bach oder Mozart spielt. Wie so viele Veranstaltungen mussten auch viele Konzerte von Martin Engel in den letztem Jahren ausfallen. Für 2022 sind aber schon verschiedene Termine geplant. Bei seinen Auftritten arbeitet der Pianist gerne auch mit seinem Vater zusammen. Gemeinsam haben sie ein literarisch-musikalisches Programm erarbeitet, z. B. „Liszt, Chopin und Heinrich Heine: Französische Verhältnisse“. Engel spielt Stücke von Liszt und Chopin, sein Vater liest dazu passende Texte von Heine. „Insgesamt geht es darum, die Pariser Salonmusik und die Atmosphäre, die dort geherrscht haben könnte, ein bisschen zu erfassen“, sagt Martin Engel. Davon haben sie gemeinsam auch einige Weitere Programme entwickelt und hoffe, damit noch einige Jahre zusammen unterwegs zu sein. Alle Termine für kommende Auftritte sind hier veröffentlicht.


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org. SICHTBAR – Der Podcast wird von HörMal Audiodeskription in Kooperation mit dzb lesen herausgegeben.

Wie funktioniert Audiodeskription: Matthias Döpke und Tomke Koop sitzen auf roten Sitzen sich zugewandt im Zuschauerrang des Schauspiel Leipzig. Matthias Döpke spricht in ein Mikrofon, das Tomke Koop in seine Richtung hält. Foto: Florian Eib.

SICHTBAR-Podcast: Wie funktioniert Audiodeskription?

Wie funktioniert Audiodeskription?

Wir von HörMal Audiodeskription begleiten schon seit einigen Jahren Live-Events mit Hörbeschreibungen für Menschen mit einer Seheinschränkung. In Gesprächen mit unseren Partnern und Interessenten haben wir vor allem eines festgestellt: Viele Menschen kennen den Service Audiodeskription noch nicht. Wir sind davon überzeugt, dass Audiodeskription einer Vielzahl von Menschen ein besseres Erlebnis von Veranstaltungen und Filmen ermöglichen kann. 

In dieser Folge von SICHTBAR – Der Podcast erklären wir deshalb, wie Audiodeskription funktioniert, für wen sie einen Mehrwert bieten kann und was unser Verständnis von Audiodeskription ist. 

Und um nicht nur theoretisch zu bleiben, nehmen wir unsere Hörerinnen und Hörer mit auf einen Abend im Schauspiel Leipzig. Dort zeigen wir am lebenden Beispiel, wie ein Abend mit mit dem inklusive Service Audiodeskription ablaufen kann und welche weiteren Hilfsmittel mitgedacht werden müssen. 

Transkript zur Folge: Wie funktioniert Audiodeskription (PDF)


Wie funktioniert Audiodeskription: Matthias Döpke und Tomke Koop sitzen auf roten Sitzen sich zugewandt im Zuschauerrang des Schauspiel Leipzig. Matthias Döpke spricht in ein Mikrofon, das Tomke Koop in seine Richtung hält. Foto: Florian Eib.
Tomke Koop von HörMal Audiodeskription hat mit Matthias Döpke, Dramaturg und Verantwortlicher für die Audiodeskription am Schauspiel Leipzig, gesprochen und die blinden und sehbehinderten Gäste im Schauspiel einen Abend begleitet. Foto: Florian Eib.

 

Für wen ist Audiodeskription hilfreich?

Bei einer Audiodeskription (auch Hörbeschreibung genannt) handelt es sich um eine Art zusätzliches Hörerlebnis. Geschulte Reporter beschreiben und erklären alles, was für Menschen, die nicht oder nur eingeschränkt sehen können, nicht zugänglich ist. Beispielsweise die Parade des Torhüters, wo genau sich der Ball auf dem Spielfeld befindet oder wie das Bühnenbild bei einem Schauspielstück gestaltet ist.

Es gibt verschiedene Formen von Hörbeschreibungen. Wir erklären in dieser Folge, wie und wo diese umgesetzt werden können. Zum Beispiel im Fernsehen, als vorgeschriebenen Skript im Theater oder komplett live und spontan auf Live-Events in einer Arena. 

Eine Gemeinsamkeit aller Formen von Audiodeskription: Sie eignen sich nicht nur für die Gruppe der blinden und sehbehinderten Menschen. Wir haben die Erfahrung gemacht, dass auch alle anderen Menschen, die etwas visuell nicht gut wahrnehmen können, davon profitieren. Zum Beispiel ältere Menschen, Menschen mit einer körperlichen oder geistigen Einschränkung. Auch Menschen mit einer Lernbehinderung können die zusätzlichen Erklärungen eine Hilfe sein. Die Beschreibungen werden vor Ort über Kopfhörer empfangen.

„Wir wollen Menschen in Gesellschaft bringen“

Unsere Expertise von HörMal liegt in der Live-Audiodeskription auf Veranstaltungen. Wir sehen in Veranstaltungen vor allem eines: Einen Begegnungsraum, in dem wir über die Leidenschaft zu einer Handballmannschaft, einer Musikgruppe oder einem Theaterstück und auch vielem mehr ins Gespräch kommen können. Es treffen sich Gleichgesinnte, die die Liebe zur Musik, zu einem Sportverein oder zur Kultur teilen. Ob jung, alt, klein, groß – es trifft sich ein Querschnitt unserer Gesellschaft. 

Und hier sehen wir optimale Bedingungen, um Barrieren – auch in den Köpfen – abzubauen und Menschen in Gesellschaft zu bringen. Denn hier treffen bestenfalls auch Menschen mit und ohne Behinderung aufeinander, kommen ins Gespräch und werden sichtbar.

Wie funktioniert Audiodeskription: Tomke Koop bei einer Stückeinführung im Schauspiel Leipzig. Sie steht mit blinden und sehbehinderten Gästen im Schauspiel Leipzig im Kreis. In der Hand hält sie ein blaues Stück Stoff während sie zu den Gästen spricht.
Bei einer Veranstaltung mit Audiodeskription können unsere Gäste oft auch haptische Modelle, zum Beispiel eines Spielfeldes, eines Balles oder einer Bühne ertasten. Im Schauspiel Leipzig können bei der Stückeinführung oft Stoffproben der Kostüme ertastet werden. Foto: Florian Eib

„Audiodeskription ist nur die Kür“

Wir haben die Erfahrung gemacht, dass das Angebot von Hörbeschreibungen zwar gut gedacht ist, aber weit mehr als die bloße Beschreibung beinhalten sollte. Warum? Die Entscheidung zu einer Veranstaltung zu gehen, beginnt nicht erst im Stadion. Vor, während und nach der Veranstaltung gibt es viele Barrieren, die wir in unserer Arbeit versuchen abzubauen. 

Deshalb haben wir im laufe der Jahre ein erweitertes Verständnis von Audiodeskription entwickelt, zu der auch die Betrachtung dieser Punkte gehört: Ticketerwerb, barrierefreie Bewerbung der Angebote mit Audiodeskription, Hilfestellungen bei An- und Abfahrt, Begleitservices und auch eine auf die Bedürfnisse von Menschen mit Behinderung abgestimmte Sitzplatzverteilung. Hierzu beraten wir Veranstalter natürlich gerne! 

Wer sich für Veranstaltungsangebote mit Audiodeskription interessiert, kann sich in unseren Newsletter eintragen. Hier tragen wir die neusten Angebote zusammen und informieren ungefähr einmal monatlich per E-Mail. 


Wir sprechen in unserem Podcast „SICHTBAR“ mit Menschen über Inklusion und Barrierefreiheit. Wir porträtieren Menschen mit Behinderung, weil wir mehr über ihr Leben, die Schwierigkeiten, aber vor allem auch die Möglichkeiten wissen möchten. Dabei sind wir jederzeit auch offen für Feedback zu neuen Interview-Gästen. Schreibt uns euer Feedback und Vorschläge gerne per Mail an sichtbar@hoermal-audio.org. SICHTBAR – Der Podcast wird von HörMal Audiodeskription in Kooperation mit dzb lesen herausgegeben.

Hörerlebnisse schafft HörMal Audiodeskription durch Live-Beschreibungen. Hier ein Foto von Florian Eib bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 2019 in Berlin. Florian sitzt mit einem Mikrofon an eine Reportertisch mit vielen Notizblättern darauf. Er hält ein Mikrofon in einer Hand und gestikuliert mit der anderen. Er hat Kopfhörer auf und blickt ins Stadionrund, dass mit vielen Tausenden Zuschauern besetzt ist, Foto: Tomke Koop.

01.01.2021 | Hörend Sehen – Hörerlebnisse und Begegnungen schaffen

 
Hörerlebnisse schafft HörMal Audiodeskription durch Live-Beschreibungen. Hier ein Foto von Florian Eib bei den Deutschen Leichtathletik-Meisterschaften 2019 in Berlin. Florian sitzt mit einem Mikrofon an eine Reportertisch mit vielen Notizblättern darauf. Er hält ein Mikrofon in einer Hand und gestikuliert mit der anderen. Er hat Kopfhörer auf und blickt ins Stadionrund, dass mit vielen Tausenden Zuschauern besetzt ist, Foto: Tomke Koop.
Audiodeskription seit 2014 – Florian Eib ist einer der erfahrensten Sprecher für Live-Audiodeskription in Deutschland. Gemeinsam mit seinen beiden Kollegen Peter Lomb und Tomke Koop wurde HörMal Audiodeskription gegründet, Foto: Tomke Koop.

„Sehend Hören – Hörerlebnisse und Begegnungen schaffen“

Quelle: urbanite Leipzig (Ausgabe Jan./Feb. 2021) / Autor: Marko Hartwig

Die HörMal Audiodeskription gUG ist Träger des Sächsischen Inklusionspreises 2020 und hat es sich zur Aufgabe gemacht, visuelle Eindrücke bei öffentlichen Großveranstaltungen durch geschulte Sprecher:innen für blinde und sehbehinderte Menschen zugänglicher zu machen. Doch HörMal ist kein bloßer Audioguide …

Zusammen möchte das Gründer-Trio Peter Lomb, Tomke Koop und Florian Eib Begegnungen schaffen. Sie besuchen gemeinsam mit blinden und sehbehinderten Menschen Sport- und Kulturveranstaltungen und bieten ihnen eine sogenannte Audiodeskription. Bei einer Audiodeskription bzw. Hörbeschreibung werden visuelle Eindrücke in erklärende Sprache übersetzt. Das Ziel: Begegnungen zwischen Menschen mit und ohne Behinderung schaffen. Menschen mit Sehbehinderung sollen sich nach der Veranstaltung genau so über die Geschehnisse austauschen können wie sehende Gäste.

Etwa zwanzig sehbehinderte und blinde Gäste sitzen in zwei Stuhlreihen am Rand eines Handballspielfeldes. Sie haben Kopfhörer auf und empfangen eine Audiodeskription, um dem Handballspiel beim Pixum-Supercup in Düsseldorf folgen zu können.
Sehbehinderte und blinde Gäste bei einer Großveranstaltung in Düsseldorf. Über Kopfhörer empfangen sie die Spielbeschreibung eines Handballspieles von geschulten Reportern, Foto: Florian Eib.

Barrierefreiheit bedeutet mehr als breite Toilettentüren

Für ihr Engagement mit HörMal Audiodeskription wurde das Gründer-Team im Dezember mit dem 4. Sächsischen Inklusionspreis ausgezeichnet. Für das Team ist das eine Motivation, noch viele weitere Ideen umzusetzen. HörMal ist deutschlandweit aktiv – die meisten Veranstaltungen begleiten sie jedoch in Leipzig. Einer ihrer festen Partner ist der SC DHfK Leipzig, bei dem sie seit 2017 jedes Heimspiel der Handball-Männer für Blinde und Sehbehinderte beschreiben. Damit ist der Leipziger Verein der einzige Handball-Bundesliga-Club, bei dem solche Hörplätze bei jedem Event verankert sind. Es gibt einen bestimmten Anteil an Plätzen, die exklusiv Menschen mit Behinderung zur Verfügung stehen. Dazu zählen neben Rollstuhlfahrer:innen unter anderem eben auch Menschen mit Sehbehinderung. Doch viele Veranstalter:innen müssen sich das erst richtig bewusst machen: Sie denken bei barrierefreien Plätzen vornehmlich an Rollstuhlfahrende, sagt Florian Eib. „Insgesamt herrscht in der Gesellschaft eine Unsicherheit darüber, wie man mit Menschen mit Einschränkung umgehen kann und sollte“, so Eib weiter.

Eine Aufgabe der HörMal Audiodeskription ist es deshalb, Veranstalter:innen darauf aufmerksam zu machen, dass Barrierefreiheit so viel mehr bedeutet als breite Toilettentüren. Sie verweisen beispielsweise auf Richtlinien für Gehörlose, die auf Gebärdendolmetscher:innen angewiesen sind, Leitlinien zu den Plätzen und Hörbeschreibungen für Blinde oder eben darauf, dass barrierefreie Ticketslots ebenso Menschen mit Sehbehinderung zur Verfügung stehen wie Rollstuhlfahrer:innen und schaffen damit ein neues Bewusstsein für Inklusion.

Sächsischer Inklusionspreis 2020: Ein Farbfoto von der Preisverleihung des sächsischen Inklusionspreises 2020. Die Preisträger Peter Lomb, Tomke Koop und Florian lächeln in die Kamera und halten jeweils eine Urkunde, einen Blumenstrauß und einen großen Scheck über 1.000 Euro. Neben ihnen steht ein großer Aussteller mit der Aufschrift „Sächsischer Inklusionspreis 2020. Preisträger in der Kategorie Barrierefreiheit & Infrastruktur, HörMal Audiodeskription gUG, Hörerlebnisse und Begegnungen schaffen – Live-Hörbeschreibungen zur Barrierefreiheit.“ Zudem steht neben ihnen Stephan Pöhler, der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange für Menschen mit Behinderung.
Die Preisträger des sächsischen Inklusionspreises 2020 in der Kategorie Barrierefreiheit und Infrastruktur: Peter Lomb, Tomke Koop und Florian Eib von HörMal Audiodeskription und der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Preisverleihung. Foto: Geschäftsstelle des Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen; Swen Reichhold.

Inklusion – aber bitte richtig

Noch immer gebe es Großveranstaltungen in ganz Deutschland, bei denen Sehbehinderte in Bezug auf visuelle Eindrücke systematisch ausgeschlossen werden. So setzt man diese beispielsweise auf Plätze mit ohnehin eingeschränkter Sicht – oft weit entfernt von Spielfeld oder Bühne. Dabei bleibt der Inklusionsgedanke leider weitgehend auf der Strecke und ein ungezwungener Austausch nach der Veranstaltung wird nur allzu oft von Stigmatisierung überschattet. Es sei inakzeptabel, so Eib und Koop, dass potenziell zu erlebende Eindrücke nicht endgültig ankommen. Um dem entgegenzuwirken, besucht das Team von HörMal Audiodeskription gemeinsam mit Betroffenen das Event. 

Normalerweise können Blinde und Sehbehinderte dazu kostenfrei eine Begleitperson mitbringen. Diese ist jedoch im sozialen Umfeld der betroffenen Personen nicht immer verfügbar, sodass hier der Begleitservice zum Tragen kommt, den HörMal zusätzlich bietet. Unterstützt von ehrenamtlichen Helfer:innen ist Tomke Koop dann in den Publikumsrängen zu Gange und achtet auf ein einwandfreies Erlebnis für alle HörMal-Kund:innen, während Peter Lomb und Florian Eib live vor Ort die Geschehnisse beschreiben. Die Beschreibung empfangen die Gäste über ein mobiles Audioguide-System.

Zum Begleitservice gehören auch das Ablaufen eines Veranstaltungsortes und die Begleitung in den Gastro-Bereich. Immer wieder betonen die Gründer den Fokus auf inklusive und gemeinsame Erlebnisse. Dabei achten sie besonders auf die Wünsche und Rückmeldungen, die an sie herangetragen werden.

Schon lange engagiert sich das Team im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit. Nachdem sich Audiodeskription zur Fußball-WM 2006 in Deutschland etablierte, begannen Florian Eib und Peter Lomb etwa zehn Jahre später die Hörbeschreibung auch auf andere Sportarten zu übertragen. Auf Anregung von DHfK-Präsident Karsten Günther brachten sie Audiodeskription zum Leipziger Handball-Verein. Danach folgten u. a. Engagements bei Volleyball-, Basketball- und Leichtathletik-Veranstaltungen. Für Florian Eib ergänzt sich HörMal prima mit seinem Beruf als Sprecher und Sportjournalist. Den Gegenpol dazu bietet Tomke Koop, die sich als Betriebswirtin für alles rund um die Kommunikation mit Veranstalter:innen, Verbänden und Menschen mit Sehbehinderung zuständig zeigt. Komplettiert wird die Triade durch Peter Lomb, der ebenfalls als Sprecher für Audiodeskription aktiv ist und die Geschäftsführung übernimmt.

Neu im Audio-Angebot: Der Podcast „SICHTBAR“

Damit Menschen mit Sehbehinderung wissen, welche Veranstaltungen in ihrer Nähe mit Audiodeskription stattfinden, wird monatlich ein Newsletter von HörMal versendet. Auch Facebook wird als vermittelnde Plattform genutzt, um auf Veranstaltungen mit Audiodeskription und Themen rund um Barrierefreiheit und Inklusion aufmerksam zu machen. Aufgrund der Corona-Pandemie finden zwar momentan keine Veranstaltungen statt, das hat das Team von HörMal allerdings nicht davon abgehalten, ihre Ideen weiter zu verfolgen. So entstand im Sommer 2020 „SICHTBAR – Der Podcast“. 

Es gebe nach Information bislang wenige Podcasts zu den Themen Barrierefreiheit und Inklusion. Hier setzt HörMal mit dem Ziel an, Barrieren in den Köpfen der Menschen abzubauen – nicht zuletzt, weil der Podcast als Audioformat für Menschen mit Behinderung auch ein zunehmend wichtiges Medium darstellt. Doch der Podcast richtet sich nicht ausschließlich an Menschen mit Sehbehinderung. Er soll den Diskurs für alle Menschen eröffnen. Zu Gast sind Betroffene und Personen, die sich im Bereich Inklusion und Barrierefreiheit engagieren. Alle zwei Wochen erscheint eine neue Folge auf allen gängigen Podcast-Plattformen. Langfristig soll sich laut Eib und Koop der Podcast auch als visuelles Format auf YouTube etablieren, um durch Untertitelung sowie den Einsatz eines Gebärdendolmetschers auch hörgeschädigte Menschen erreichen zu können.

Sächsischer Inklusionspreis 2020: Ein Farbfoto von der Preisverleihung des sächsischen Inklusionspreises 2020. Die Preisträger Peter Lomb, Tomke Koop und Florian lächeln in die Kamera und halten jeweils eine Urkunde, einen Blumenstrauß und einen großen Scheck über 1.000 Euro. Neben ihnen steht ein großer Aussteller mit der Aufschrift „Sächsischer Inklusionspreis 2020. Preisträger in der Kategorie Barrierefreiheit & Infrastruktur, HörMal Audiodeskription gUG, Hörerlebnisse und Begegnungen schaffen – Live-Hörbeschreibungen zur Barrierefreiheit.“ Zudem steht neben ihnen Stephan Pöhler, der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange für Menschen mit Behinderung.

Gewinner: Sächsischer Inklusionspreis 2020​

Gewinner: Sächsischer Inklusionspreis 2020

Sächsischer Inklusionspreis 2020: Ein Farbfoto von der Preisverleihung des sächsischen Inklusionspreises 2020. Die Preisträger Peter Lomb, Tomke Koop und Florian lächeln in die Kamera und halten jeweils eine Urkunde, einen Blumenstrauß und einen großen Scheck über 1.000 Euro. Neben ihnen steht ein großer Aussteller mit der Aufschrift „Sächsischer Inklusionspreis 2020. Preisträger in der Kategorie Barrierefreiheit & Infrastruktur, HörMal Audiodeskription gUG, Hörerlebnisse und Begegnungen schaffen – Live-Hörbeschreibungen zur Barrierefreiheit.“ Zudem steht neben ihnen Stephan Pöhler, der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange für Menschen mit Behinderung.
Die Preisträger des sächsischen Inklusionspreises 2020 in der Kategorie Barrierefreiheit und Infrastruktur: Peter Lomb, Tomke Koop und Florian Eib von HörMal Audiodeskription und der Beauftragte der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderung bei der Preisverleihung. Foto: Geschäftsstelle des Beauftragten der Sächsischen Staatsregierung für die Belange von Menschen mit Behinderungen; Swen Reichhold

Noch am Abend unserer Auszeichnung konnten wir mit Martin Hoch bei Secondradio sprechen. In seiner Sendung „HOCHAktuell“ haben Tomke und Florian Rede und Antwort gestanden.

Was für eine tolle Überraschung! Wir sind in der Kategorie „Barrierefreiheit und Infrastruktur“ mit dem Sächsischen Inklusionspreis 2020 ausgezeichnet. Etwas mehr als ein Jahr ist es her, dass wir uns gegründet haben. Seitdem haben wir uns mit viel Leidenschaft unserem Thema Live-Audiodeskription bei Veranstaltungen gewidmet. Bis Ende 2019 konnten wir bereits einige Großveranstaltungen barrierefreier gestalten. Zuvor schon haben wir schon mit nationalen Sport- und lokalen Kulturverbänden zusammengearbeitet, damals noch ohne einen offiziellen Namen. An dieser Stelle vielen Dank an alle unsere Partner für das Vertrauen und die stetige und hoffentlich auch zukünftige Zusammenarbeit!

Etwa zwanzig sehbehinderte und blinde Gäste sitzen in zwei Stuhlreihen am Rand eines Handballspielfeldes. Sie haben Kopfhörer auf und empfangen eine Audiodeskription, um dem Handballspiel beim Pixum-Supercup in Düsseldorf folgen zu können.
Sehbehinderte und blinde Gäste bei einer Großveranstaltung in Düsseldorf. Über Kopfhörer empfangen sie die Spielbeschreibung eines Handballspieles von geschulten Reportern, Foto: Florian Eib.

Ein Jahr voller Herausforderungen

Das Jahr 2020 war dann wahrlich kein einfaches für uns. Viele unserer geplanten Events wurden abgesagt, langfristige Vorbereitungen stellten sich als unnötig heraus. Für uns war das allerdings kein Grund, die Füße hoch zu legen. Im Gegenteil: Wie viele anderen haben wir versucht, unsere Veranstaltungen ins Digitale zu verlegen. So konnten wir unter anderem mit dem Theater Lübeck eine Online-Theater-Veranstaltung mit Audiodeskription ausstatten. Wir haben gemeinsam mit dem SC DHfK Leipzig an barrierefreien Sport-Mitmacht-Videos gearbeitet. Nicht zuletzt haben wir mit unserem Podcast SICHTBAR ein Format entwickelt, bei dem wir einem unserer Kernziele noch näher kommen – Menschen mit Behinderung stärker in den gesellschaftlichen Fokus rücken. In unserem Podcast kommen wir mit Menschen ins Gespräch, die über ihr Leben mit einer Behinderung erzählen oder treffen andere Engagierte in den Bereichen Barrierefreiheit und Inklusion. Aktuell haben wir mit unserem Audio-Adventskalender ein Angebot geschaffen, bei dem wir uns über einfache Fragen wichtigen gesellschaftlichen Themen wie Teilhabe, Toleranz und sozialer Selbstbestimmtheit nähern.

Und eines sei versprochen: wir haben noch viele weitere Ideen! Die Auszeichnung mit dem Sächsischen Inklusionspreis 2020 ehrt uns und motiviert gleichermaßen, unseren Weg weiterzugehen. Wir sagen danke!

Was ist der Sächsische Inklusionspreis?

„Ausgelobt wird der Inklusionspreis in vier Kategorien: Bildung, Frei­zeit und Kultur, Barrierefreiheit und Infrastruktur und Verwaltung. Mit der öffentlichen Würdigung der Praxisbeispiele sollen nicht nur das Bewusstsein für die Belange der Menschen mit Behinderungen geschärft, sondern gleichzeitig die Intentionen der UN-Behindertenrechtskonven­tion nachhaltig transportiert werden“, so schreibt es Stephan Pöhler, der Verantwortliche für die Belange von Menschen mit Behinderung im Freistaat Sachen. In diesem Jahr gab es 60 Vorschläge, aus denen eine Jury uns als Preisträger für die Kategorie „Barrierefreiheit und Infrastruktur“ ausgewählt hat.

Sächsischer Inklusionspreis 2020: Ein Farbfoto der Urkunde für den Gewinn des 4. Sächsischen Inklusionspreises in der Kategorie Barrierefreiheit & Infrastruktur für die HörMal Audiodeskription gUG. Die Urkunde befindet sich in einem grauen Rahmen. Auf dem Rahmen liegt eine faustgroße Holzfigur, die aus einer Holzkugel mit aufgemalten Gesicht, zwei Armen, grünen Beinen und einer grünen Mütze besteht. AM einen Arm ist ein Schild mit der Aufschrift „Sieger“ und am anderen eine kleine Fahne mit dem Wappen Sachsens befestigt. Von rechts ragt ein Strauß mit gelben und orangen Blumen ins Bild.
Mit dem Gewinn des Sächsischen Inklusionspreises 2020 erhielt die HörMal Audiodeskription auch eine Urkunde, Blumen und zur Erinnerung auch das Maskottchen „Oskar“.

Wer ist HörMal Audiodeskription?

Wir – Florian Eib, Peter Lomb und Tomke Koop – von der HörMal Audiodeskription gUG setzen uns für Teilhabe und Barrierefreiheit bei Großveranstaltungen ein. Dabei geht es uns nicht um bauliche Barrierefreiheit (bspw. Rollstuhlrampen, Leitlinien etc.), sondern um den Informationszugang für Menschen mit einer Seheinschränkung. Wir bieten diesen Menschen durch unsere Audiodeskription ein erweitertes Veranstaltungs-Erlebnis, indem wir die visuell wahrnehmbaren Vorgänge bei Sport- und Kultur-Veranstaltungen beschreiben. Diese Beschreibungen können unsere Gäste live vor Ort mit einem Audioguide empfangen.

Uns ist es wichtig, dass alle Gäste einer Veranstaltung sich danach über deren Inhalte austauschen können. Hierin sehen wir eine Form von Gleichberechtigung, die für Menschen mit einer Seheinschränkung momentan noch viel zu selten gegeben ist. In unserer Arbeit beraten und motivieren wir Veranstalter zur Einrichtung so genannter „Hör-Plätze“. Zusätzlich erleichtern wir den Zugang zu öffentlichen Veranstaltungen für Menschen mit Seh-Einschränkung durch barrierefreies Ticketing und einen Begleitservice. Wir sehen unsere Arbeit als einen Schlüssel zur Stärkung eines gesellschaftlichen Bewusstseins, indem wir ein Angebot schaffen, durch das Menschen mit Behinderung in größerer Zahl bei öffentlichen Veranstaltungen teilnehmen.

Wolf Schmidt und Tomke Koop stehen nebeneinander auf einem Blindenfußball-Feld und lächeln in die Kamera. Wolf Schmidt trägt einen dunkelgrauen Trainingsanzug und eine Basecap mit St. Pauli Schriftzug. Tomke hat eine Hand in der Tasche ihres Mantels mit der anderen Hand hält sie einen Blindenfußball hoch. Wolf Schmidt hat eine Hand hinter dem Rücken, mit der anderen zeigt er auf den Blindenfußball in Tomkes Hand. Foto: Florian Eib

SICHTBAR-Podcast: Hinter den Kulissen beim Blindenfußball

Hinter den Kulissen beim Blindenfußball

Eine neue Folge von SICHTBAR – Der Podcast mit Wolf Schmidt, der nicht nur ein kreativer Kopf, sondern auch der Trainer der Blindenfußball-Mannschaft vom FC St. Pauli ist. Anlässlich des anstehenden Finales der Blindenfußball-Bundesliga am 24. Oktober 2020 in Magdeburg hat sich Tomke Koop mit Wolf Schmidt in Hamburg getroffen, um ihn und seine Arbeit besser kennenzulernen. Schmidt spricht dabei nicht nur über seine Erfahrungen im Blindenfußball, sondern auch über seinen persönlichen Weg vom Kindesalter, Kreativität und die Anfänge der Blindenreportage bei St. Pauli. Viel Spaß beim Hören!

Wolf Schmidt und Tomke Koop stehen nebeneinander auf einem Blindenfußball-Feld und lächeln in die Kamera. Wolf Schmidt trägt einen dunkelgrauen Trainingsanzug und eine Basecap mit St. Pauli Schriftzug. Tomke hat eine Hand in der Tasche ihres Mantels mit der anderen Hand hält sie einen Blindenfußball hoch. Wolf Schmidt hat eine Hand hinter dem Rücken, mit der anderen zeigt er auf den Blindenfußball in Tomkes Hand. Foto: Florian Eib
Das anstehende Finale der Blindenfußball-Bundesliga hat Tomke Koop zum Anlass genommen, Wolf Schmidt, den Trainer der Blindenfußball-Mannschaft vom FC St. Pauli, zu treffen. Foto: Florian Eib

  • Transkript (PDF) – Folge: Blindenfußball-Trainer Wolf Schmidt

Vom Schüler in New York über die Land-WG bis zur Blindenreportage

Das Leben von Wolf Schmidt ist alles andere als eintönig. Seine ersten zwei Schuljahre verbrachte er in New York, da sein Vater dort für einige Zeit forschte. Nach diesen zwei Jahren ging es für die Familie wieder zurück nach Deutschland, wo Schmidt schon in der Schulzeit seine Interessen und Talente erkannt hat, die vor allem im kreativen Bereich und im Sport liegen. Nach der Schulzeit hat er sich neben seinem Zivildienst daher in einer Land-WG kreativ ausgelebt, Musik gemacht (Wolf Schmidt ist leidenschaftlicher Bassist) und gemalt. „Manchmal wünsche ich mir, mit einem anderen Bewusstsein diese Zeit noch mal erleben zu können“, sagt Wolf Schmidt über die Zeit der 80er. 

Nach dem Zivildienst absolvierte Schmidt ein Film-Studium und arbeitete anschließend in Agenturen. In den 90ern fing Wolf Schmidt mit 25 Jahren an, beim FC St. Pauli in der 3. Herren-Mannschaft zu spielen. Im Gespräch erzählt Schmidt, dass Sport schon immer eine große Rolle in seinem Leben gespielt hat. Dies zeigt sich auch darin, dass er – obwohl er Film studierte – mehr Fußballer als Regisseure kannte. Nachdem sich beruflich in der Film-Branche einige Änderungen ergaben, sagte Schmidt sich selbst, dass er nur noch Dinge tun möchte, die er wirklich gut findet. Gesagt, getan! 

Zum Ende seiner Zeit in der Film-Branche ergab sich ein Zufall, der Schmidts Lebenslauf bis heute geprägt hat. Während eines Spiels vom FC St. Pauli fing Schmidt im Stadion an, einem vor ihm stehenden Blinden das Spielgeschehen zu beschreiben. Wie es dazu kam, würde an dieser Stelle mehrere Zeilen füllen. In der Podcast-Folge gibt es alle Einzelheiten dazu. In Kurzform: Durch dieses zufällige Zusammentreffen entstand 2004 die Blindenreportage beim FC St. Pauli. Schmidt ist bis heute im Bereich Blindenreportage aktiv und für ihn zählt vor allem, dass auch Fans mit Sehbehinderung ein gleichberechtigtes Fan-Dasein ausleben können. 

Wolf Schmidt an der Bande eines Blindenfußballspielfeldes. Die Fotografie zeigt ihn aus der Rückenperspektive, aus seiner schwarzen Windjacke steht „Team barrierefrei“. Schmidt blickt leicht über die Spielfeldbande gelehnt nach rechts. Sein Mund ist geöffnet, er gibt Anweisungen. Auf dem Kopf trägt er ein braunes St. Pauli-Basecap. Im Hintergrund liegt ein Blindenfußball-Spielfeld mit grünem Kunstrasen. An der gegenüberliegenden Bandenseite sind verschwommen einige Zuschauerinnen und Zuschauer zu erahnen, Foto: Tomke Koop.
Engagiert an der Seitenlinie: Wolf Schmidt beim Blindenfußball. 1991 fing Schmidt beim FC St. Pauli in der 3. Herren an, aktiv Fußball zu spielen. Mit der Trainerausbildung begann er 2006 und trainierte anfangs das Mädchen-Team des SC Sternschanze, bevor er 2009 Blindenfußballtrainer in St. Pauli wurde, Foto: Tomke Koop.

Vom Kinder-Trainer zum Blindenfußball

Gleichzeitig fing Schmidt 2006 an, einen Trainer-Lehrgang und eine Ausbildung speziell zum Kinder-Trainer zu absolvieren, da er zu dieser Zeit anfing, die Fußball-Mannschaft seiner Tochter zu trainieren. Über sich selbst sagt er übrigens, dass er nie der beste Spieler war. Seine Stärke liegt vielmehr im räumlichen Denken – wie müssen z. B. einzelne Teammitglieder stehen, wie können Räume angelaufen werden und wie entsteht ein sicherndes Spiel. 2009 fehlte dann der Blindenfußball-Mannschaft von St. Pauli ein Trainer für den Besuch eines Turniers in Köln. Schmidt wurde angefragt und sagte zu: „Ich mache nur die Vorbereitung für das Turnier. Aber dann ist Feierabend.“ 

Doch dabei sollte es nicht bleiben. Das Training der Blindenfußballer machte Schmidt so viel Spaß, dass er bis heute sein Herzblut in diese Tätigkeit steckt. Dabei kommt ihm auch seine Ausbildung zum Kinder-Trainer zugute, denn die Inhalte kann er gut auf das Training adaptieren. Seitdem hat Schmidt den Blindenfußball stetig weiter vorangetrieben. Allerdings hätten sich mit der Zeit dadurch auch die Arbeitsfelder und die Intensität deutlich gesteigert – alles im Ehrenamt wohlgemerkt. Schmidt sieht das Problem, dass der Sport in einer professionalisierten Form von zu wenig Menschen mitgegangen wird. Für die Zukunft gebe es hier ein klares Handlungsfeld, sagt der gebürtige Hamburger: Den Blindenfußball in die Breite entwickeln und Nachwuchs finden, um den Sport auch weiterhin zu erhalten. Insgesamt ist Schmidt der Meinung, dass Leistung im Bereich Behinderung zu Unrecht unterrepräsentiert ist, es fände noch keine Gleichberechtigung statt und daran müsse gearbeitet werden. 

Wolf Schmidt gibt gerne sein Wissen weiter – und das nicht nur national, sondern auch international. Er war bereits in der Schweiz und in Kambodscha aktiv, wo der dabei half, Blindenfußball-Trainer auszubilden und auch dort das Thema in die Breite zu bringen und Menschen aus „ihren stigmatisierten Behindertenrollen zu befreien“, so Schmidt. 

Als nächstes geht es für die Mannschaft vom FC St. Pauli zum Bundesliga-Finale nach Magdeburg. Am 24. Oktober 2020 spielen sie um 15 Uhr gegen den MTV Stuttgart. Nach unserem Gespräch musste Schmidt übrigens direkt los zum Training, denn die Mannschaft bereitet sich intensiv vor. Für den FC St. Pauli ist es das vierte Ligafinale in Folge, wobei sich in den letzten zwei Jahren die gegnerische Mannschaft jeweils durchsetzte. Das Spiel kann um 15 Uhr im Livestream auf dem YouTube-Kanal des FC St. Pauli-Blindenfußball verfolgt werden. Wir wünschen allen Teilnehmerinnen und Teilnehmern viel Erfolg!

Wolf Schmidt mit seiner Blindenfußballmannschaft am Rande eines Spielfeldes. Die Spielerinnen und Spieler sitzen auf einer Steinerhöhung, trinken aus Wasserflaschen und hören Schmidt zu. Der hockt vor ihnen und gibt Anweisungen. Schmidt trägt ein T-Shirt mit der Aufschrift „St. Pauli Blindenfußball“ und ein weißes Basecap, Foto: Florian Eib.
Jedes Jahr im Finale: In der Saison 2020 steht die Blindenfußballmannschaft des FC St. Pauli in der vierten Auflage zum vierten Mal im Ligafinale. 2017 wurde man Deutscher Meister. In den vergangenen zwei Jahren setzte sich jeweils der Finalgegner durch. Das diesjährige Finale findet am 24. Oktober in Magdeburg statt, Foto: Florian Eib.
ANHALT 2020 mit Audiodeskription – Ein Gruppenfoto zeigt die Gäste mit Sehbehinderung und ihre Begleitpersonen vor einem Klein-Bus mit dem Logo des SC DHfK Leipzig. Der Wagen steht auf dem Parkplatz vor dem Paul-Greifzu-Stadion. Mehrere Gäste haben ihre Blindenstöcke ausgeklappt, Foto: Tomke Koop.

Leichtathletik: Spitzensport bei ANHALT 2020 mit Audiodeskription

ANHALT 2020 mit Audiodeskription – Blick auf die Hochsprunganlage, wo gerade die Siegerin Yuliya Levchenko die Höhe von 1,90 Metern überspringt. Im Bild-Hintergrund ist die halmvolle Zuschauertribüne des Paul-Greifzu-Stadions, Foto: Tomke Koop.
Spannendes Finale: Beim Hochsprung waren die drei ukrainischen Springerinnen nicht zu schlagen, Foto: Tomke Koop.

Lange war in diesem schwierigen Jahr nicht klar, ob das traditionelle Leichtathletik-Meeting „ANHALT“ organisiert vom Anhalt Sport e. V. auch in diesem Jahr stattfinden kann. Dann gab es vor wenigen Wochen Grünes Licht. „Vielen Dank an Ralph Hirsch und sein Team, dafür, dass das dieses Jahr wieder möglich war“, fasste Speer-Rekordwerfer Johannes Vetter zusammen, was die Athletinnen und Athleten bewegte. Seit 1999 organisiert Hirsch mit einem überschaubaren Team aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Jahr für Jahr das zweitwichtigste internationale Leichtathletik-Meeting in Deutschland. Wir freuen uns, dass ANHALT 2020 auch für sehbehinderte und blinde Leichtathletik-Fans zum Erlebnis wurde.

M und M – Mihambo und Mudiyanselage überzeugen

Mit einem entsprechenden Hygiene-Konzept konnten knapp 1000 Fans über drei Stunden Leichtathletik live erleben. Bei gutem Wetter mit leichten Quellwolken war eine zeitweise frische Brise für die ein oder andere Top-Leistung zudem kein Hindernis. Wie schon im vergangenen Jahr überzeugte Malaika Mihambo beim Weitsprung. Aus verkürztem Anlauf stellte sie mit 7,03 Metern eine neue Weltjahres-Bestleistung auf. Nur zwei Zentimeter fehlten ihr zum Meeting-Rekord, den sie im vergangenen Jahr selbst sprang. Damals – im Juni 2019 – stellte Mihambo die Weichen für den späteren WM-Titel. Danach wurde sie zur Sportlerin des Jahres gewählt und avancierte spätestens in diesem Jahr auch in Dessau zum absoluten Publikumsliebling.

ANHALT 2020 mit Audiodeskription – Seitenblick auf die 100-Meter-Sprintbahn im Paul-Greifzu-Stadion, wo gerade vier Läufer Kopf an Kopf von links nach rechts vorbeilaufen. Ein weiterer Läufer ist bereits zwei Meter hinter ihnen abgeschlagen, Foto: Tomke Koop.
Kopf an Kopf: Beim 100 Meter Sprint setzte sich Yupun Abeykoon Mudiyanselage aus Sri Lanka (vorne im Bild) mit einer Zeit von 10,16 Sekunden durch, Foto: Tomke Koop.

Große Ziele hatte sich auch Sprinter Deniz Almaz, der in Leipzig trainiert und für Wolfsburg startet, gesetzt. Mit 10,08 stellte er dieses Jahr schon eine Fabelzeit auf, die unter guten Umständen sogar für ein Olympisches Finale reichen würde. Aber ein anderer sprintete stattdessen ins Rampenlicht. Yupun Abeykoon Mudiyanselage dürfte bis dato nur echten Leichtathletik-Kennern ein Begriff gewesen sein. Der Mann aus Sri Lanka ließ die Konkurrenz bei einer Zeit von 10,16 Sekunden nur hinterherlaufen. Nebenbei stellte er einen neuen Landesrekord auf. Topfit könnte Mudiyanselage bei den Olympischen Spielen in Tokio 2021 einen reizvollen Kontrapunkt in der ansonsten meist von US-Amerikanern und Jamaikanern dominierten Sprint-Disziplin setzen. Dasselbe gilt übrigens auch für Deniz Almaz, der als Zweiter bei 10,18 Sekunden ins Ziel kam.

ANHALT 2020 mit Audiodeskription

Es gibt nicht viele Leichtathletik-Veranstaltungen, die auch sehbehinderten und blinden Fans eine Möglichkeit geben, live dabei zu sein. Deshalb freuen wir uns umso mehr, dass ANHALT 2020 mit Audiodeskription stattfinden konnte. Unsere Reporter waren Peter Lomb und Florian Eib. Wir bedanken uns bei Anhalt-Sport e. V. für die Beauftragung und bei der Aktion Mensch für die Unterstützung. Leichtathletik-Veranstaltungen zeichnen sich dadurch aus, dass häufig mehrere Disziplinen parallel ablaufen. Die verschiedenen Einzelleistungen sollen aber natürlich trotzdem nicht vernachlässigt werden. Unsere Reporter konzentrierten sich auf einen Mix aus dem Erklären von Bewegungsabläufen, beispielsweise beim Stabhochsprung, Informationen zu den Sportlerinnen und Sportlern und dem abwechselnden kommentieren der Disziplinen in einer Art Konferenzschaltung. 

ANHALT 2020 mit Audiodeskription – Peter Lomb und Florian Eib sitzen an einem Reportertisch im Zuschauerbereich des Paul-Greifzu-Stadions. Auf dem Tisch stehen Laptops. Beide haben Headsets auf und lächeln in die Kamera. Sie werden die Geschehnisse für sehbehinderte und blinde Gäste des Events beschreiben, Foto: Tomke Koop.
Keine alltägliche Aufgabe: Leichtathletik mit Audiodeskription wurde bisher nur sehr selten umgesetzt. Das Event in Dessau haben wir zum ersten Mal begleitet, Foto: Tomke Koop.

Diese Konferenzschaltung konnte auch von allen Daheimgebliebenen in einem Live-Stream auf unserer Website mitverfolgt werden. Erstmals konnten wir zu diesem Event auch einen Fahrservice anbieten. Es ist eines unserer Ziele, auch schon bei der Anreise möglichst viele Barrieren für Menschen mit einer Behinderung abzubauen. Durch die Unterstützung des Handballvereins SC DHfK Leipzig konnten wir eine kleine Reisegruppe aus Leipzig bilden. 

ANHALT 2020 mit Audiodeskription – Ein Gruppenfoto zeigt die Gäste mit Sehbehinderung und ihre Begleitpersonen vor einem Klein-Bus mit dem Logo des SC DHfK Leipzig. Der Wagen steht auf dem Parkplatz vor dem Paul-Greifzu-Stadion. Mehrere Gäste haben ihre Blindenstöcke ausgeklappt, Foto: Tomke Koop.
Erstmals gab es einen Bustransfer für Gäste aus Leipzig. Sprinter wurde uns vom SC DHfK Leipzig bereitgestellt, Foto: Tomke Koop.

Nochmals danke, auch im Namen der mitgereisten Gäste an alle Beteiligten und Unterstützer von ANHALT 2020 mit Audiodeskription. Gemeinsam konnten wir ein weiteres wichtiges Zeichen zu inklusiven Angeboten bei Groß-Veranstaltungen setzen. Und auch die Athletinnen und Athleten haben einige neue Fans dazu gewonnen.